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17. Dezember

Wilhelm Tell

Ja, heute gehts um den Schweizer Nationalhelden! Was das mit Musik zu tun hat? Lesen Sie selber. Fest steht: an dieses Orchestererlebnis werde ich noch lange denken. 

 

Es war im Herbst 2017, da alles begann. Ich erhielt von der camerata49 die Anfrage, beim Projekt Oper Tell Interlaken mitzuwirken. Für mich war sofort klar, dass ich mir dieses Erlebnis nicht entgehen lassen will. Und ich wusste: wenn wir von camerata 49 angefragt werden, läuft immer alles, was die Organisation und Informationen betrifft reibungslos ab und wir müssen uns keine Sorgen machen. Das ist als Musiker keine Selbstverständlichkeit! Zudem ist es ein Langenthaler-Orchester. Ein Grund mehr da mitzuwirken. Gesagt, getan. Der Vertrag wurde unterschrieben, die Noten kamen im Sommer 2018.

 

Noten? Ja - Rossinis Wilhelm Tell. Sie kennen bestimmt die berühmte Ouvertüre mit dem Flötensolo beim Sonnenaufgang und den hüpfenden Streicherklängen sowie der Trompetenfanfare bei der Kavallerie. Und vielleicht kennen Sie auch die Tell-Spiele in Interlaken? Es entstand nun die Idee, die Tell-Spiele vor Ort mit derselben Kulisse zu nutzen, um auch Rossinis Tell-Oper aufzuführen. Ein wahrliches Spektakel! 

 

Nun ging es ans Üben. Reichlich dünn war diesmal die Partitur für Harfe. Aber umso schöner die Klänge! Top vorbereitet ging ich zur ersten Orchesterprobe ins Zwinglihaus Langenthal. Mit dem Zug. Ja, ich kann immer noch nicht Autofahren und deshalb transportiere ich meine Harfe immer im Zug. Aber von Basel aus ist das bequem, weil die Perrons erhöht sind und man mehr direkte Züge in die ganze Schweiz hat. Wie üblich, war ich ungefähr eine Stunde vor Probebeginn vor Ort. Schliesslich müssen die Harfe gestimmt und die Finger einigermassen warm gespielt werden. Dann trudelte langsam das gesamte Orchester ein. Viele bekannte Gesichter waren darunter. Das ist immer schön, alte Bekanntschaften bei Orchesterprojekten wieder anzutreffen. Nur jemand hat gefehlt: die Dirigentin. Sie steckte im Stau und so begann das Orchester erstmal mit der Probe für die Ouvertüre. Harfe tacet. Dann kam die Dirigentin und es ging ans Eingemachte. Nummer für Nummer wurde durchgespielt. Da ich aber wenig spielte - was für Harfenist*innen im Orchester oft üblich ist - musste ich oft und lange warten. Aber die Einsätze sassen allesamt. 

 

Im September gings dann an die zweite und gleichzeitig zweitletzte Probe. Die war direkt vor Ort. Und sie zählt zu einer Erfahrung, die ich so schnell nicht vergessen werde. Das gesamte Orchester wurde in der Curlinghalle nebenan platziert.

Chor, Sänger*innen und Statist*innen spielten auf der Freilichtbühne. Und die Dirigentin? Sie stand zuoberst auf der Zuschauertribüne und wurde auf eine Leinwand in die Curlinghalle projiziert. Von dort aus spielten wir - mit leichter Verzögerung zur Bühne. Entsprechend galt es für die erste Probe vor Ort viele technischen Schwierigkeiten zu lösen. Lange Wartezeiten, viel Spannung. Hinzu kam, dass wir im Orchester die Sänger*innen praktisch nicht hörten. Diese wurden uns auch via Lautsprecher - mit leichter Verzögerung - in die Halle projiziert. Bei der Haupt- und (öffentlichen!) Generalprobe am Freitag und Samstag war das dann schon deutlich besser. Wir konnten problemlos durchspielen. Für mich bedeutete dies trotz allem lange Wartezeiten. Aber die Wartezeiten haben sich gelohnt. Denn sämtliche Harfenparts waren wichtige Soli, teilweise mit dem Chor, und sie klangen unglaublich schön! Ausserdem hatte ich als einziger Musiker das Privileg, während der Proben - und ich muss gestehen auch während der Aufführungen -  zwischendurch zur Bühne zu schleichen und einen Teil der Vorstellung zu geniessen. 

 

Dann war es soweit. An zwei Wochenenden hintereinander spielten wir die Aufführungen der Oper Tell. Die Spannung war gross. Würde wirklich alles klappen? Und ja, es hat alles geklappt. Jedes einzelne Solo von mir sass an jeder Vorstellung trotz unglaublichem Herzklopfen. Und ich konnte mich dem gesamten Orchesterklang vollends hingeben und in der Geschichte von Wilhelm Tell schwelgen. Hautnah! Einmalig und Einzigartig. Ein Gänsehautmoment. Das Projekt feierte grosse Erfolge. Schade, dass dieses Projekt nur einmalig war. Aber ich blicke zurück auf eine wunderbare Erfahrung mit tollen Musiker*innen hinter und auf der Bühne. Auch hier wurden wieder viele Freundschaften geschlossen und interessante Gespräche geführt.

 

Wer sich ein Bild vom Projekt machen will, darf gerne die untenstehenden Links anklicken. 

 

 

 

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